Fachbeitrag: Fangstelle für Kordeln

Optimal gesicherte Fangstelle stirnseitig an Hölzern. Mit zunehmendem Alter weiten sich die Luftschlitze immer stärker. Müssen dann geschlossen werden, damit sich keine Kordel oder Schlaufe oben verhaken kann. Oder man wendet Schleifmethoden an. Einige Beispiele finden sich weit unten im Artikel. Theoretisch prüft man das mit einem Prüfkörper, einer speziellen Kette, praktisch darf der Spalt keine 3 mm breit sein. Besser kleiner. Ich bin in diesem Falle vorsichtiger. Kleinlicher.

 

Die Schleifmethoden haben den Vorteil, dass überhaupt kein Zusatzmaterial mehr benötigt wird, weder Kunststoffkappen noch Klebemassen.

 

Wie im ersten Bild gut gemacht. Die Verklebung erfolgt nur oben, es geht ja um die Absicherung der Kante.

 

Der Luftschlitz nach unten darf nicht geschlossen werden. Das funktioniert nicht, Wasser dringt trotzdem ein. Die voranschreitende Fäulnis mit Pilzbefall führt zu einem vorzeitigen Schaden.

 

Da die Luftschlitze sich mit den Jahren immer weiter vergrößern, muss die Fugenmasse gelegentlich ausgetauscht werden.

 

Zur Anwendung kommen die vielfältigsten Varianten. Zumindest treffen wir diese an. Leim wäre ökologisch die beste Variante, hält aber nicht lange. Leim für den Außenbereich, der wasserbeständig ist, hätte einen PU-Anteil (Polyurethan = Kunststoff). Noch besser geeignet sind Dichtmassen von Sika. Sikaflex PRO-1 erscheint mir als die einfachste Lösung. Nachweislich laut Sika für Hölzer im Außenbereich geeignet. Und damit sind auch die verwitternden Hölzer gemeint. Aus der Sikaflex-Reihe scheint das der Dichtstoff mit der größten Dehnungsfähigkeit zu sein. Habe ich aus der Vergleichstabelle von Sika theoretisch entnommen.

Sikaflex pro-1 z.B..

Diese Dichtmasse könnte wegen der optischen Wirkung überstrichen werden. Ist aber nicht zu empfehlen, da der Anstrich weniger dehnungsfähig ist wie der Dichtstoff und damit leicht abplatzen könnte.

 

Eine spannende Lösung haben wir einmal in einer Kita angetroffen. Da leuchteten die Spalte in roter Farbe. Haben wir hinterfragt, was für Material denn da verwendet wurde. Nun, man hatte eine Babybel-Party (spezielle Käsesorte) gemacht, die rote Umhüllung des Käses weich gemacht und in die Spalte gegossen. Klingt lustig, ist aber wirkungsvoll gewesen. Über die Haltbarkeit liegt mir leider keine Erfahrung vor.

 

Werden die Spalte zu groß, müsste zu viel Dichtmasse hineingedrückt werden. Das hält dann schlechter. Dann ist die Abdeckung mit Kappen, am besten aus Holz wegen der Nachhaltigkeit, am sinnvollsten. Man schneide sich einen Holzteller zurecht und schraube diesen oben auf, der dann auch die Kanten überdeckt. Dann kann keine Kordel sich mehr einfädeln. Viele Beispiele siehe die folgenden Bilder.

 

Kunststoffkappen kommen für mich aus Nachhaltigkeitsgründen nicht in Betracht. Erdöl hat eine Wiederbeschaffungszeit von 1 Millionen Jahre. Holz zum Vergleich 100 Jahre. Es geht hier nicht um wissenschaftlich genaue Zahlenangaben sondern um die Größenordnungen. 1.000.000 zu 100. Also das 10.000-fache.

 

Weitere Sicherheitsaspekte

Um das Thema abzurunden, sollten folgende Gedanken mitberücksichtigt werden.

 

Anstatt Dichtmassen zu verwenden und Abdeckkappen oder Abdeckplatten zu verwenden, wendet ein Hersteller gern die Kerbmethode an. Das verriet er mir per Instagram. Mit Kettensägeneinsatz verbreitert und vergrößert er die Spalte, sodass es keine Fangstelle mehr für Kordeln sind. Ich gebe zu bedenken, dass dann wahrscheinlich Fahrradhelme, Schlüsselanhänger (an langer Schnur um den Hals gebunden) und Riemen von Umhängetaschen trotzdem oder gerade wegen dieser vergrößerten Kerben hängen bleiben können. Bei der Gelegenheit: Schlüsselanhänger gehören in die Tasche und nicht um den Hals gebunden. Da es hier um eine Strangulationsgefahr geht, verstehe ich keinen Spaß. Es geht hier also nicht darum, Restrisiken für Kinder übrigzulassen, mit denen Kinder umgehen lernen sollen. In diesem Thema greift dieser Grundsatz nicht, Kinder nicht in Watte zu packen. Ein einziger Todesfall wäre exakt einer zu viel. Das ist meine persönliche Meinung. So interpretiere ich auch die einleitenden Worte der DIN EN 1176-1.

 

Ein zweiter Aspekt bei der Kerbmethode ist der Holzschutz. Von oben kann dann Wasser leichter eindringen, wird evtl. beschattet und trocknet langsamer ab. Ich sehe die Gefahr der vorzeitigen Verwitterung des Holzes durch die Schnittmaßnahmen. Jedoch gilt das nur für die üblichen heimischen Hölzer, die geringe Pilzresistenzen haben. Für Robinienholz und auch Eukalyptusholz gilt das nicht. Einzig bei Robinienholz könnte man also an die Kerbmethode denken. Und bei Eukalyptusholz auch, aber diese Holzart hat sich im Spielgerätebau bei uns offensichtlich verabschiedet. FSC und kurze Transportwege werden der Grund sein.

 

Insgesamt steht für mich fest. Ich rate weiterhin von der Kerbmethode ab. Sie kommt für mich nicht infrage.

 

Ganz anders hat es die Firma eibe gelöst. Diese verwendet gern stirnseitig völlig abgerundete Hölzer. Das ist eine super Kombination aus Holzschutz und Vermeidung von Fangstellen.

 

 

 

Typisch abgerundeter Holzpfosten von eibe.

Überhaupt eine Fangstelle?

Die alles entscheidende Frage bei Fangstellen für Kordeln, aber auch für viele andere Fangstellen für Kopf, Hand und Finger, ist, ob es überhaupt eine gefährliche Fangstelle ist.  Denn nur zu gefährlichen Fangstellen braucht man sich Gedanken machen. Nicht grundsätzlich um jede Fangstelle.

Gefährliche Fangstellen beginnen ab einer senkrechten Fallhöhe von 60 cm. Die Norm ist hier etwas ungenau. Gemeint ist natürlich die Unterstützungsfläche, auf der das Kind sicher stehen kann.  Es ist also innerhalb eines Gerätes der Podestboden und nicht der Erdboden. Das wollte ein Berliner Kollege von mir nicht einsehen, hatte mich also bei Twitter rausgeworfen. Andersdenkende mochte er nicht.

 

Gefährliche Fangstellen sind auch nur im Spielbereich möglich. Und hier wird es schwierig. Mit anderen Worten, es ist Auslegungssache. Für mich ist völlig klar, dass oben an einer Standarddoppelschaukel sich keine gefährlichen Fangstellen befinden können. Das ist weit außerhalb des normalen Spielbereiches. Wer also dort oben überhaupt hinkommt, benötigt eine Menge Kraft und Geschick. Wer das geschafft hat, ist auch in der Lage, sich wieder selbst zu befreien. Spannend ist also die Frage, wie die Bewertung ausfällt, wenn man an einem Klettergerät außen um den Podestboden herumtänzelt und auf Holzvorsprüngen herumläuft, wobei er sich gleichzeitig am Geländer, der Brüstung oder an der Dachkonstruktion festhalten muss. Das klingt nicht nach Spielbereich. Bei der Frage der Fallhöhe, nachdem die stoßdämpfende Wirkung des Bodens festgelegt wird, wäre diese Standhöhe auf jeden Fall nicht zu berücksichtigen.

 

 

 

Oft besteht an neuen Hölzern schon nach kurzer Zeit Handlungsbedarf. Wie hier an diesem Reck.

 

 

Die Kanten sind wieder ungesichert. Es muss nachgebessert werden. Ich kenne einen Tischler, der schwört auf Sikaflex.

 

 

Hier hat sich eine Umhängetasche im Luftschlitz verfangen. Als ich zum Gerät kam, hing sie lose über dem Holz. Ich habe einmal rechts und links kräftig angefasst und kräftig gezogen. Zack, war die Schlaufe im Schlitz. So leicht und schnell kann es gehen. Wäre das einem Kind passiert, hätte es vermutlich nur einen Schrecken bekommen. Es ist ja keine Höhe vorhanden. Aber wenn der Schlitz weiter oben wäre, die Fallhöhe größer wäre als das Kind stehen kann... Das muss vermieden werden. Hier ist ein Abdeckteller die beste Wahl.

 

Die Kerbmethode schließe ich in diesem Fall aus, Hängetasche, Schlüsselanhänger und Fahrradhelm würden sich einhaken. Damit besteht Lebensgefahr.

 

 

Auch gut gelöst. Wobei die Dichtmasse nicht so weit nach unten gezogen werden sollte. Das ist aber eine Überlegung der Haltbarkeit. Wasser darf nicht eindringen, wenn die Klebemasse mit der Zeit durch breiter werdenden Luftspalt nicht mehr hält. Der Kordelschutz ist jedenfalls hervorragend gegeben.

 

 

PUR-Leime bieten viele Hersteller an. Diese sind für den Außenbereich gedacht. Die klassischen Holzleime halten nur in Innenrämen. PUR ist die Abkürzung für einen Kunststoff auf Polyurethan-Prepolymer-Basis. PUR-Leime gibt es in verschiedenen Farben. Sie sind aber auch überstreichbar.

 

 

Sehr guter Schutz an Robinienholz.

 

 

Sehr individuell gelöst.

 

 

Auch hier hätte eine Kordel hängenbleiben können. Silikon hats gerichtet.

 

 

Dichtmassen müssen gelegentlich erneuert werden. Sie gelangen also in die Umwelt. Die Materialwahl sollte darauf abgestimmt werden.

 

Es kommt auf die Abdichtung an den Kanten drauf an, nicht auf der Fläche. Kordeln sollen nicht hängen bleiben. Manchmal wird zuviel des Guten gemacht. Trotzdem löblich.

 

 

Kanten sind zugeschmiert. Nach unten sollte der Luftschlitz nicht so lang abgedichtet werden. Wasser darf nicht gefangen werden, lässt das Holz vorzeitig altern.

 

 

Sehr gut.

 

 

Die Geschmäcker sind bei der Materialwahl der Dichtmasse verschieden.

 

 

Noch eine sehr individuelle Lösung.

 

Holzteller gebaut, gut gemeint, leider nicht gut gemacht. Nun hat der Holzteller selber eine Fangstelle. Solches Holz mit dieser Faserrichtung eignet sich nicht.

 

 

Von Kunststoffen halte ich gar nichts. Sie werden zu schnell spröde, brechen, splittern, können Finger verletzen. Damit verliert der Kunststoff schnell seine Funktion. Und die Bruchstücke gelangen in die Umwelt. Außerdem bestehen solche Kunststoffkappen fast ausschließlich aus Erdöl. Wenig nachhaltig.

 

 

Auch eine hervorragende Art, Kordelfangstellen zu beseitigen. Die aufwändige Schleifmethode, optisch ansprechend.

Eine weitere Schleiflösung. Durch die Rundung kann keine Kordel mehr hängen bleiben, auch wenn sich der Luftschlitz weiten wird. Die Rundung sollte aber gebogener ausfallen, hier etwas knapp bemessen.

 

 

Schleifmethode anderer Art. Hier sind die Luftschlitze vergrößert worden, sodass der Kordelprüfkörper nicht mehr hängen bleiben kann.

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